Hermann Ieland

Wir schätzen nicht, was uns selbstverständlich erscheint, aber wichtig ist.
Meiner Meinung nach selektiert der menschliche Verstand die Wahrnehmung sehr stark auf das, was im Fokus ist. Wichtig ist, was gerade im Zentrum der Aufmerksamkeit ist. Besonders deutlich wird das bei Schmerzen. Wenn man sich auf den Schmerz konzentriert, wird er sehr intensiv. Ich habe das selbst erlebt, als ich 2003 in New York war. Statt mit der U-Bahn durch Manhattan zu fahren, bin ich lieber gelaufen. Irgendwann fing mein Fuß an zu schmerzen. Aber anstatt in den Staaten zum Arzt zu gehen, habe ich lieber auf meine Rückkehr nach Deutschland gewartet. Es stellte sich heraus, dass es ein Ermüdungsbruch war, und der Radiologe in Deutschland wunderte sich, wie lange man mit einem gebrochenen Fuß laufen kann. Aber die Quintessenz ist, dass ich meine Aufmerksamkeit einfach von den Schmerzen abgelenkt habe. Andere Dinge waren präsenter. So wurde es erträglich, wenn auch nicht schmerzfrei. Was habe ich daraus gelernt? Allein der Fokus des Denkens entscheidet darüber, wie ernst eine Sache genommen wird oder welchen Stellenwert sie bekommt. Leider verlieren viele Menschen dabei den Fokus auf das, was für sie wirklich relevant ist. Man verliert sich in Kleinigkeiten und im Alltag und verliert den Blick für das, was für einen selbst wirklich wichtig ist. Das, was da ist und funktioniert, wird dann einfach als weniger wichtig angesehen.
 So ist es zum Beispiel mit der Gesundheit. Solange sie da ist, ist alles andere wichtiger und wird als selbstverständlich hingenommen. Wenn sie aber beeinträchtigt ist, ändert sich der Fokus sehr schnell. Das habe ich selbst nach 2 Brüchen gemerkt. Selbstverständliches ging nicht mehr so einfach und ich war zumindest am Anfang auf Hilfe angewiesen. Ich denke, worin man sich dringend festlegen sollte, ist ein Ranking derjenigen Dinge, die wichtig sind. Und darauf sollte man sich fokussieren. Bei mir ist dies ganz klar die Gesundheit. Ohne dass ich mich als Hypochonder bezeichnen würde, der schnell an das Schlimmste glaubt, achte ich sehr wohl auf die Signale meines Körpers. Mens sane, in corpore sane, habe ich in meinem Latein Leistungskurs gelernt. Ein gesunder Geist kann nur in einem gesunden Körper gedeihen. Ich denke viele Krankheiten entstehen bei vielen Menschen deswegen so schwerwiegend, weil sie nicht fokussiert sind auf ihre Gesundheit und Anzeichen ignoieren. Entscheidend ist also meiner Ansicht eine Art Wichtigkeits-Kanon für die Dinge im Leben, die für einen entscheidend sind. Das ist natürlich bei jedem Menschen unterschiedlich und ich möchte meinen Wichtigskeits-Kanon nicht als Mustervorlage propagieren. Nein, das Einzige was ich sage, ist einfach, dass man früh festlegen sollte, was einem wichtig erscheint und seinen Alltag und Gewohnheiten darauf ausrichten sollte, auch wenn es anfangs schwer ist. So wird das, was wichtig ist in den Gedankenmittelpunkt gerückt, auch wenn es einfach da ist. Denn selbstverständlich ist gar nichts im Leben. Alles kann sich kurzfristig ändern. Wir können dabei nur wenig selbst steuern. Das Einzige, was wir tun können, ist die Klarheit zu erlangen, was wichtig ist und versuchen, dies zu beeinflussen.

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