Hermann Ieland

Selbstwirksamkeit – Wann darf Stolz wirklich Stolz sein?

Die Fußballeuropameisterschaft ist nun vorbei. Ein Event geisterte durch die Medien und die Köpfe der Menschen. Viele waren infiziert von Begeisterung und selbsternannten Expertenwissen. Es wurde gefeiert, mitgefiebert, gelitten und gewonnen. Besonders in Deutschland war die Freude groß. Autokorsos, Public Viewings und Feiern wurden von wirklichen Fans und solchen, die nur zur EM/WM zu Fans werden, begangen. Sogar die Wirtschaft hat ihren Mitarbeitern ermöglicht, mitzufeiern, indem sie die Produktion darauf angepasst hat. Viel hat man gelesen über Nationalstolz, wehende Fahnen und Gruppenbegeisterung. Es sei eine Pflicht für die (deutschen) Bürger zur Nationalmannschaft, zu den Spieler und zum Trainer zu halten, so der Wortlaut der Presse. Ich habe gelesen, dass diese EM für den internationalen Fussballbund die bisher wirtschaftlich erfolgreichste war. Von den Umsätzen der Sportartikelherstellern ganz zu schweigen. Ich habe die gewagte These, dass wirklich Alles, so auch der Ausgang der Spiele und der Gewinn der Meisterschaft, wirtschaftlichen Hintergrund hat. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass der Europameister den Sieg gekauft und nicht erspielt hat.


Ich stellte mir hierzu folgende Frage: Warum rennt man den Medien hinterher, sammelt Klebebilder, kauft Trikots und sonst allerlei Krempel zur EM? Ich denke, die Menschen verwechseln sportlichen Wettbewerb hier mit dem Interesse der Wirtschaft und der Politik. Unter dem Vorwand eines sportlichen Wettbewerbs sollen wirtschaftliche Ziele erreicht werden. So las ich auch, dass der Ausgang der Meisterschaft den deutschen Börsenkurs beeinflussen würde. Aber ist diese Wirkungsweise wirklich nur in diese eine Richtung gegeben? Oder beeinflusst nicht auch die Börse den Sport? Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Missbraucht die Politik den Sport, indem sich eine gewisse Politiker in die Umkleidekabine der deutschen Spieler begeben und sich mit ihnen ablichten lässt? Währenddessen die Partei die Zeit dazu nutzt, unliebsame Entscheidungen durch zu winken.


Und was tun die „Fans“? Sie jubeln weiter, als zähle nur der sportliche Erfolg und machen es zu ihrem Erfolg, und kaufen weiter. Kann man jedoch stolz sein auf etwas, an dem man selbst Nichts beigetragen hat? Warum sind Leute auf etwas stolz, auf das sie absolut keinen Einfluss haben? Ich denke das ist ein großer Selbstbetrug, nicht nur im Bezug auf sportliche Ereignisse und ein Zeichen dafür, wie leer das Leben vieler Menschen im Abendland ist. Denn eine wichtige Frage, die sich hierzu stellt, ist diese: Was bringt einem Menschen der Stolz auf ein Ergebnis, dass andere entweder durch Leistung oder Geld erwirkt haben? Welchen Einfluss haben Fremdleistungen auf das eigene Leben? Kann man den Beitrag von einem selbst überhaupt quantifizieren? Ist nur noch der Spaß entscheidend, den man an einem vorgefertigten und entschiedenen Event hat, oder das Wissen darum, dass man selbst etwas erreicht hat? Für mich ist die Selbstwirksamkeit ein wichtiger Bestandteil für meine Zufriedenheit. Worauf ich keinen Einfluss habe zählt für mich nicht als Erfolg. Nationalstolz und Gruppenzwang sind für mich Gedankenspiele aus einer sehr fehlgeleiteten Episode deutscher Geschichte. Für mich gibt es nur den Stolz auf mein Leben und meine persönlichen Erfolge, sonst nichts. Denn das Ergebnis der eigenen Ergebnisse zählt für einen Selbst viel mehr als derjenige von anderen. Wen juckt jetzt, einige Wochen nach Ende, noch die erreichte Weltmeisterschaft? Niemanden, außer die FIFA und die Wirtschaft, die damit Geld verdient haben. Am Ende meinten viele Menschen in meinem Umfeld, dass es gut sei, dass der Spuk endlich vorbei sei. Warum nur? Weil man doch erkennt, dass es ein geschaffenes Wirtschaftsevent ist?


Ich bin stolz darauf, dass ich kein einziges Spiel angesehen, an keinem Event teilgenommen, nichts gekauft habe und auch der Rest mir ziemlich egal war und ist. Und ich darf darauf stolz sein, denn das habe ich selbst erreicht. Das ist Selbstwirksamkeit.  

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