Es war mein erster Besuch in England und in London. Ich dachte, mal was anderes als Süden, Sonne und Meer. Mein Gedanke war, viele Museen und Ausstellungen etc. Also sehr kurzfristig entschieden und gebucht. Zehn Tage würde ich dort bleiben. Ich hatte eine relativ (!) günstige Unterkunft im Norden gefunden.
Als erstes muss ich sagen, dass das Wetter in London sehr wechselhaft ist. Von Sonnenschein über bedeckt bis hin zu Regen und Hagel kann an einem Tag alles passieren. Ich war wirklich überrascht, wie schnell sich das Wetter ändern kann. London ist voller Menschen und Autos, das ist auf Dauer stressig, selbst Hyde und Kensington Park sind voll mit Menschen. Von diesen beiden Parks war ich eher enttäuscht. Ich fand sie eintönig und langweilig. In ein paar Ecken vielleicht mal ein Denkmal, aber irgendwie lieblos.
Überall in der Stadt erlebt man ständig irgendwelche Reize, positive wie negative, die auf einen einströmen. Lärm, Gerüche, visuelle Reize. Ein Tag in London ist wirklich anstrengend. Die Stadt an sich entspricht genau nicht den menschlichen Bedürfnissen: Ruhe, Natur, gesundes Essen, saubere Luft. Warum tut man sich das an, hier zu leben? Ich bin hauptsächlich mit dem Bus gefahren, weil er nicht so überfüllt ist wie die Tube und als Einzelfahrt billiger ist. Die Preise für alles (außer den kostenlosen Museen) sind absolut überirdisch. Die ganze Stadt ist kommerzialisiert. Für das einfachste Essen muss man am Tag 10 bis 15 Pfund hinlegen, für ein besseres 20 bis 30 Pfund. Auch die Eintrittspreise für die Museen, die nicht kostenlos sind, sind unverschämt hoch. Ich habe mir so einen Pass für 3 Tage für ca. 190 Euro gekauft. Hätte ich damit alles bezahlt, was ich besucht habe, hätte ich ca. 500 Euro verloren. Ich war in vielen Museen, da ich mich für Kunst interessiere. Folgende Museen kann ich uneingeschränkt empfehlen: Victoria and Albert Museum, St. Pauls Cathedral, das Natural History Museum, die Tate Gallery sowie die Courtauld Gallery. Generell fand ich die Kunst im Vergleich zu Paris eher begrenzt. Zu viel viktorianische Kunst und irgendwelche Adelsporträts. Wenig Abwechslung. Die große Ausnahme ist die umfangreiche Turner-Sammlung in der Tate und die Impressionisten in der Courtauld Gallery. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich mag einfach französische Kunst lieber. Es gibt kein Museum mit moderner Kunst. Das British Museum ist interessant, aber eher enttäuschend, wenn man wie ich schon das Ägyptische Museum in Kairo und die vielen Museen in Rom besucht hat. Das Rosetta Stone ist sehr beeindruckend. Der Rest ist interessant, aber wie gesagt weniger, wenn man schon in den anderen Museen war.
Einen Besuch wert war der Kensignton Palace. Dort bekommt man einen sehr guten Eindruck davon, wie die Royals früher gelebt haben. Westminster Abbey fand ich zu vollgestopft, an jeder Ecke ein anderes Grab. Zuviel auf zu kleinem Raum und Horden an Menschen. Der Tower of London ist eigentlich nur wegen der Kronjuwelen interessant. Leider darf man die nicht fotografieren. Spannend ist, dass im Tower of London in einem Nebenmuseum gestohlene Original-Kopfbüsten von Adolf Hitler und Mussonlini zu sehen sind. Der Rest ist vergleichbar mit dem, was man auch in normalen Schlössern und Burgen besichtigen kann. Nicht empfehlen kann ich die Modern Tate, das Eye of London, die Royal Academy of Arts, die Guildhall und das Imperial War Museum. Das War Museum ist sehr auf den Ersten und Zweiten Weltkrieg fixiert. Wenn man schon in Verdun, in Auschwitz und im Technik Museum in Sinsheim war, ist das eher enttäuschend. Ich war auch bei Madama Tussauds, aber das kam mir eher wie Europapark Mini vor. Es ist lustig für Selfies, aber eigentlich nur ein Rummelplatz. Ich muss aber auch zugeben, dass ich viele der ausgestellten Figuren nicht kannte. Patrick Stuart habe ich vergeblich gesucht. Generell finde ich, dass London sehr an ein Museum erinnert. Viele Ecken sind einfach mit Geschichte aufgeladen. Sehr fixiert auf irgendwelche Kriegshelden oder Adlige aus irgendwelchen Jahrhunderten, die keiner kennt. Sehr auf die Vergangenheit fixiert, auf irgendwelche Herren, auf den Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Ich frage mich immer, was haben moderne Menschen damit noch zu tun? Oder dient das nur den Touristen? Was mich auch sehr überrascht hat, ist dieser traditionelle Royalismus, den man überall in der Stadt sieht. Ich verstehe nicht, warum die Leute so besessen davon sind, irgendwelche Royals zu sehen. Das geht mir irgendwie ab. Die königliche Parade am Tag meiner Abreise habe ich mir erspart. Abseits der Touristenmeilen empfand ich London als trostlos, grau und heruntergekommen. Leider musste ich auch einen Raub miterleben, bei dem einer jungen Frau das Handy gestohlen wurde. Hätte ich nicht meine 6000 Euro teure Kamera auf dem Rücken gehabt, hätte ich ihr geholfen. Aber das Risiko war mir in diesem Moment zu hoch. In einigen Stadtteilen, vor allem um den Hydepark herum, gibt es wirklich tolle Häuserstraßen. Da sieht man direkt, wo das Geld wohnt. Das Bankenviertel fand ich beeindruckend, aber nicht so beeindruckend wie New York, wo ich 2003 war. Dort ist mir noch einmal bewusst geworden, wie viel Geld man mit so wenig echtem Nutzen für die Menschen machen kann. Sehr beeindruckend fand ich dagegen die Corona Memorial Wall gegenüber von Big Ben. Jedes britische Corona-Opfer hat dort ein Herz bekommen, das sind mehrere hunderttausend Herzen. Wenn man da entlang geht, wird man irgendwie anders. Das ist es wieder, das Schauen, nicht die reinen Fakten. Das berührt einen mehr und intensiver. Was mich abgestoßen hat, war Harrods, wo ich kurz drin war. Wieder so viel Ramsch zu sagenhaft teuren Preisen. Das Nachtleben habe ich bewusst ausgelassen. Ich wollte zwar schon immer mal ins Ministry of Sound, aber leider gab es keine passende Veranstaltung. Jedenfalls bin ich mit Eindrücken übersättigt und mit meiner 2. Corona-Infektion im Gepäck aus London zurückgekehrt. Die hat mich drei Tage nach meiner Rückkehr voll erwischt. Corona ist nicht weg, nur aus unserem Fokus, das ist mir in London auch klar geworden.
Was habe ich aus London mitgenommen? Nun, ich kann mit dem englischen Wetter überhaupt nicht umgehen. Ich bin ein Sonnenmensch, ich komme mit Regen und grauem Wetter nicht klar. Das typisch englische Essen ist viel besser als sein Ruf. Es hat mir sehr gut geschmeckt. London wäre für mich auf Dauer zu reizüberflutet .Es ist genau das Gegenteil von dem, wo ich leben möchte. Klimatisch und kommerziell absolut nicht meine Welt. Ich war froh, als ich wieder im beschaulichen Stuttgart gelandet bin. Zehn Tage sind für London wirklich genau richtig, wenn man viele Museen besuchen will. Mehr braucht man nicht. London ist auf jeden Fall eine Reise wert, aber ich würde es nicht zu meinen Favorite Places zählen. Das wäre eher Paris oder vor allem Rom. Da fühle ich mich irgendwie wohler. Positiv hervorzuheben ist, wie freundlich die Menschen in London sind, das ist ganz anders als in Deutschland. Trotz des Wetters ;-).